In die Holzbox im Keller

Das PET-CT hat bestätigt, was das CT schon sagte. Allerdings wurde die meiste Aktivität im Becken gefunden, was auch keine Überraschung war. Ich bin jetzt seit vier Wochen in neuer Therapie, Afinitor und Exemetan. Ich habe die zu erwartenden Nebenwirkungen, aber alles im Rahmen. Ende Februar wird geschaut, ob die neue Therapie Wirkung zeigt.

Kurz vor der Therapie habe ich Akupunktur angefangen, und ich bin seit etwa drei Wochen überwiegend schmerzfrei und die Taubheit ist auch weg. Das einzige, das sich noch nicht wieder normal verhält, ist die Blase. Aber die hängt am gleichen Nervengeflecht, deswegen habe ich Hoffnung, dass sich das auch in absehbarer Zeit gibt.

Ansonsten arbeite ich, mache meinen Sport (wenn die Arbeit Zeit lässt), treffe Freunde und vermeide vor allem eines – an den Krebs zu denken. Ich schiebe es so weit weg wie möglich. Wenn das gerade mal nicht klappt, fühlt es sich feige und falsch an, aber ich mache trotzdem weiter, weil es mir die meiste Zeit damit gut geht. Und dann ist auch an Blog schreiben nicht zu denken. Heute geht es mir gut damit, an meine Situtation zu denken, deswegen musste ich die Zeit für einen kurzen Eintrag nutzen 🙂

Das letzte Rezept meiner Psychologin (samt Stempel und Unterschrift, anzuwenden mindestens zwei Mal am Tag) besagt: Zu Weihnachten werde ich das Krankheitsgedöns in die Holzbox verklappen und zum Schweigen verurteilen. Die Holzbox kommt in den Keller und da bleibt sie bis auf Weiteres.

Und so tue ich das.

Ich wünsche Euch und Euren Lieben geruhsame Festtage, schöne Stunden und dass es Euch gelingt, alles Belastende in eine Holzbox zu sperren und es für eine Weile zu vergessen. Habt eine guten Start in 2015 – und dass es dann auch gut weitergeht!

Circulus Vitiosus

Das Staging kommt näher, nicht mal mehr eine Woche. Dieses Mal umgedreht, Montag MRT (also ohne sofortiges Ergebnis), Dienstag CT (mit sofortigem Ergebnis), da das MRT am Dienstag gewartet wird.

Die letzten Tage brauchte ich Schmerzmittel zum Einschlafen. Den Tag über war’s einigermaßen gut mit dem Ischias, abends im Bett geht es los. Anspannung geht bei mir ins Kreuzbein (sagt die Osteopathin). Am Kreuzbein hängt der Piriformis. Der Piriformis drückt auf den Ischiasnerv. Die Schmerzen machen mir Sorgen, dass das alles doch mit Metastasen zu tun hat. Also noch mehr Anspannung. Also noch mehr Schmerz und …
Ein Teufelskreis. Wenn ich abgelenkt bin, geht es. Aber wehe, ich will schlafen 😦

Die Psychologin sagt, ich kann die Angst nicht beseitigen, ich kann aber versuchen, anders mit ihr umzugehen. Manchmal klappt das, aber je näher der Termin kommt, desto unmöglicher wird es. Noch sind die Gedanken von „oh Gott, was soll ich machen, wenn …“ selten. Dafür habe ich Phasen tiefer Traurigkeit, weil ich überzeugt bin, dass sich nächste Woche wieder mein Leben umkrempeln wird. Wie anders ist das alles zu erklären?

Und immer wieder der Gedanke – hatte ich diese Angst nicht gerade erst? Wo sind die drei, vier Monate geblieben nach dem letzten Staging? Vergangen, so schnell …

Jenneke-Update

Ich bin natürlich zu den beiden Psycho-Terminen gegangen, auch wenn ich meine Ruhe wollte. Aber dann (hier) hinterher darüber zu schreiben, das war dann schon wieder zu viel …

Mein Antrag auf Psychotherapie wurde von der Krankenkasse anstandslos bewilligt. 25 Termine.
So ein Antrag braucht eine Konsiliarmeinung, die habe ich in diesem Fall von Professor Koryphäe bekommen. Geschrieben hat er:

Erschöpfungssyndrom mit Unruhezuständen bei metastasiertem Mammakarzinom. Unter endokriner Therapie bisher stabile Situation.

Recht hat er. Gefreut habe ich mich über das „stabile Situation“ (das hatte er geschrieben, bevor das wirklich klar war nach dem MRT-Befund von April), traurig macht mich das „bisher“. Natürlich weiß ich, dass die Therapie nicht ewig „halten“ wird und das ist auch keine Wertung, wie lange das noch dauert. Und doch ist das ätzend, es so zu lesen … Heilung nicht mehr möglich.

Wider Erwarten (wegen meiner Unwilligkeit) war der Termin bei Frau O. recht angenehm, da wir auf das fokussiert haben, was bei mir gut funktioniert an Bewältigungsstrategien. Hinterher hatte ich einen seltsamen Gefühlsmischmasch von „ich bin toll, ich kann ganz viel“ und „was tue ich dann hier eigentlich“. Ich bin gespannt, wie es da weiter geht.

Meine alte Psychologin, bei der ich einen Tag später war, schien ehrlich traurig, mich jetzt nicht wiederzusehen. Wir haben noch einmal gut gesprochen, und sie freut sich, dass ich weitermache. Eines hat sie mir noch ans Herz gelegt – wir sollen doch bitte am schlechten Gewissen gegenüber der neuen Firma arbeiten, das sieht sie immer noch als starken Punkt an, der mich belastet. Und einer, den man ändern kann.
Mal sehen.

Und sonst? Ich arbeite viel, unser Projekt hebt bald ab 🙂 Ich bin viel im Garten, kämpfe immer noch an der Front „Ausdauersport finden“ und komme mit so vielen Dingen, die ich eigentlich machen möchte, nicht voran. Aber im Augenblick stört es mich nicht so. Es läuft manches im Hintergrund, was mir bald viel Freude machen wird (verrate ich, wenn es spruchreif ist).

Es geht mir gut, und das darf gerne so bleiben 😀

Was war hilfreich?

Das fragte mich Frau O., meine neue Psychologin, und meinte damit das vergangene Jahr Therapie bei der anderen Therapeutin. Keine einfache Frage …
Also habe ich mich durch mein (offline) Tagebuch gegraben. Ich habe am Anfang ziemlich viel geschrieben, zu jedem Termin habe ich aufgeschrieben, über was wir gesprochen haben, was mich nachdenklich gemacht hat. Dann kam diese Sitzung, in der meine Psychologin massiv an Boden verloren hat. Und danach habe ich nichts mehr geschrieben. Ich hatte noch vier Telefonate und fünf Termine, und ich habe nichts, gar nichts mehr geschrieben.

Tja.

Das relativiert sich etwas zwischen Mai und August 2012, da habe ich nämlich gar kein Tagebuch geschrieben. Das war die Zeit zwischen der Zusage für den neuen Job und dem Ende des alten. Keine Zeit, offenbar.
Aber ich fand es doch sehr frappierend, diesen Bruch so sehen. Da ist wirklich was kaputt gegangen.

Interessant fand ich, dass sich manche Probleme vom Anfang gelöst haben (dieses Gefühl der Schwäche, weil ich eine Psychologin aufsuche, hat sich zum Beispiel ganz aufgelöst), anderes ist weiterhin da (den Druck, den ich mir selbst mache beispielsweise, mein Leistungsanspruch). Aber auch immer wieder der Hinweis, dass wir über die eigentliche Progressionsangst und den Umgang damit wieder nicht gesprochen haben.

Was war nun hilfreich? Die Denkanstöße habe ich als sehr gut empfunden, eine Meinung von außen, die einen anderen Blickwinkel mit sich bringt. Aber mir scheint, ich werde Frau O. überwiegend erzählen können, was nicht funktioniert hat.
Aber das ist ja auch eine Erkenntnis 😉

Psychoonkologie – die dritte

Meine derzeitige Psychologin macht Krisenintervention, keine Dauertherapie. Letzteres erscheint mir aber in meiner Situation angebracht. Also empfahl sie mir eine Therapeutin, von der sie glaubte, dass wir gut zurecht kommen würden. Und Psychologen, die onkologische Patienten nehmen, sind auch nicht so häufig. Es hat eine Weile gedauert, ehe Frau O. und ich zusammen gekommen sind (ich musste zwei Mal verschieben wegen dienstlicher Termine), aber jetzt im Urlaub hat es geklappt.

Persönlich ist sie mir sympathischer als am Telefon, glücklicherweise. Ich habe natürlich viel erzählt, und der Fokus lag auf Juni 2010, wo die Metastasen entdeckt worden sind und auf August 2012, als fälschlich wieder welche diagnostiziert wurden. Ich habe berichtet von meiner Familie, dem neuen Job, dem Urlaub und meinem ständigen Stressgefühl. Wie ich versuche mit der Situation umzugehen, und wie sehr es mich immer nervt, wenn ich schlecht drauf bin (vergeudete Zeit). Irgendwann mittendrin habe ich gesagt: „Mein Leben ist mir zu anstrengend.“
So ist es. Und ich möchte das so nicht.

Erstaunt hat mich, dass sie mich gefragt hat, wie ich meine eigene Erkrankung sehe. Sie hat herausgehört, dass ich glaube, die Metastasen kommen wieder. Ja, das glaube ich, es ist eine Frage der Wahrscheinlichkeit. Das Faslodex (meine Haupttherapie) hat ein progressionsfreies Überleben von durchschnittlich 9 Monaten. Ich bin jetzt bei 2,5 Jahren … Es ist keine Frage des Ob für mich sondern des Wann. Wollte sie testen, wie realistisch ich die Situation einschätze? Keine Ahnung …
Ich sagte Frau O. aber auch, dass ich auf Statistik nicht viel gebe. Jeder Krebs ist anders und meiner ist ohnehin außerhalb jeder Wahrscheinlichkeiten (ich war zu jung, der Quadrant ungewöhnlich, die Metastasen kamen zu spät …). Sie sieht das als guten Ansatz. Werden sehen …

Als ich ihr beschrieb, dass jetzt nach dem Urlaub ganz schnell meine Stress-Symptome wiederkamen, hat sie nur genickt. Ich müsste ja jetzt wieder funktionieren. Hmm … ja, ich bin sehr pflichtbewusst, aber irgendwie erstaunt es mich immer wieder, dass jetzt die zweite Psychologin das so schnell erkannt hat. Bin ich so durchschaubar? Oder ist das einfach ein Wesenszug, der so offensichtlich ist? Möglich.

Eine Frage hat sie mir gestellt, die mich nachdenklicher gemacht hat als alles andere. Ich versuche zu genießen, sagte sie, und habe viel in mein Leben gepackt (Sport, Urlaube, neuer Job). Was habe ich weg gelassen? Nicht viel, und so bleibt das Gefühl zurück, dass ein Teil des Stresses von mir selbst aufgebaut wird. Das gilt es zu ändern …

Einige Aufgaben habe ich bekommen – Ärzteliste, Medikamentenliste und die konkrete Frage, was mir bei den Sitzungen mit der anderen Psychologin geholfen hat. Wie gut, dass ich Tagebuch schreibe, da werde ich bis zum nächsten Termin (in vier Wochen etwa) mal nachgraben müssen.

Insgesamt ein guter Einstieg. Ich kann mir vorstellen, mit Frau O. zu arbeiten und bin gespannt, was am Ende dabei heraus kommt.

Erholung verpufft …

Nicht alles toll im Urlaub und doch hat er so gut getan. Das Wetter hätte besser sein können, wir hatten auf mehr Sonne und Wärme gehofft, aber das Hotel hatte einen Pool, und der war schön warm. 😉

Ich habe geschlafen wie ein Stein. Fünf Stunden am Stück, dann noch mal fast drei hinterher. Einmal sogar sieben am Stück, ich dachte, das ginge gar nicht mehr. Aber es ging.
Nach drei Tagen fiel mir auf, dass mein Ohrenrauschen morgens viel leiser ist als es noch zuhause war. Entspannung lässt grüßen 😀

Nun bin ich wieder drei Tage zuhause, Schlafen geht noch einigermaßen, aber meine Ohren summen und summen und summen und mit jedem Tag wieder lauter. Hallo? Ich habe noch Urlaub! Und doch ist es so.

Denn der Alltag ist wieder da. Den Zahnarzt belehren müssen, dass ich wegen der Bisphosphonate keine Implantate riskieren werde und er sich was anderes ausdenken muss, um das Gebiss kaufähig zu erhalten. Wieder Physiotherapie, der Kennenlern-Termin bei der neuen Psychotherapeutin (darüber später mehr, wenn ich meine Gedanken sortiert habe).

Drei Tage, und alles ist wie vorher? Was soll ich davon halten? Die Erkenntnisse scheinen klar: Urlaub tut mir gut, wenn es auch nur eine Woche war. Alles, was mit meinem Krebs zu tun hat, bedeutet Stress für mich (auch wenn jetzt gerade konkret kein Staging ansteht, sind ja noch sechs Wochen). Der Stress kommt nicht von der Arbeit (gute Erkenntnis 🙂 ).

Mir scheint, es ist eine gute Entscheidung, die Therapeutin zu wechseln. Bei der alten waren keine regelmäßigen Termine möglich, mit der neuen hoffentlich schon. Denn an dieser Situation muss ich dringend arbeiten …

Aura

Ich war also ein zweites Mal bei meiner Hausärztin, gerade in eingerenktem Zustand, aber das war Zufall. Das ewige Hin und Her hat sie nicht wirklich überrascht, sie sagte noch einmal, das sei psychisch bedingt. Auf meine Bitte hin hat sie mal gezählt, es ist die 9. oder 10. Rippe. Mein Verdacht war, dass es etwas mit der alten Metastase an der 6. Rippe zu tun hat, aber das ist nicht so.
Nun habe ich also manuelle Therapie, 6 Mal, nächste Woche geht es los. Ich bin gespannt.

Was mir aber nicht aus dem Kopf geht, ist etwas anderes. Wir haben uns unterhalten über meine Situation, meine psychische Betreuung, die quasi in den letzten drei, vier Monaten nicht stattgefunden hat. Was da geplant ist.

Dann kam sie mit etwas, das mich sehr überrascht hat. Sie sagte, sie kann an Personen manchmal eine Aura sehen, wie ein Schatten, wenn es jemandem nicht gut geht. Das wäre bei mir kein Wunder, sagte ich, bei dem Damokles-Schwert, was über mir hängt.
Sie hat das nicht bestätigt, ob sie nun über mir einen Schatten sieht oder nicht, aber nach den Aussagen vor, dass sie meine Brustwirbelsäulenproblematik für psychisch hält, ist das nur wahrscheinlich.

Wir sprachen dann weiter, sie überlegte laut, was sie mir noch Gutes tun könnte (ich habe hier noch einen Flyer liegen von etwas, über das ich mich erstmal informieren muss), und dann war ich mit meinem Rezept raus.

Das ist jetzt ein paar Tage her, aber irgendwie geht mir das nicht aus dem Kopf. Ich glaube nicht, dass ich einen Schatten oder dergleichen über mir liegen habe. Aber ich kann mir schon vorstellen, dass ein empathischer Mensch erkennen kann, ob es seinem Gegenüber gut geht oder nicht.

Das hat mir sehr zu denken gegeben, wie es in mir gerade aussehen mag. Eigentlich fühle ich mich ganz gut gerade. Ich schlafe meistens recht gut, lasse mich nicht stressen, neue Urlaubsreise in Sicht.

Und trotzdem …

Teil des Ganzen

Es hat mir sehr geholfen, mein Gewissen zu beruhigen, die lieben Kommentare im letzten Post zu lesen. Und auch von Familie und Freunden kam Bestärkung. Das tut gut! Lieben Dank, Euch allen! 😀

Mittlerweile denke ich nicht mehr daran, dass ich bewusst gelogen habe. Das ist halt so und ich stehe dazu.
Ich grübele mehr darüber nach, warum mich das so stört, es verschwiegen zu haben. Ich sollte doch froh sein, dass es so problemlos über die Bühne ging … Doch ich bin kein Mensch für Heimlichtuerei, und mir fällt das schwer, nichts zu sagen. Meine Psychologin wird nicht müde, herauszustellen, wie gut sie es findet, dass ich jetzt in einer Umgebung arbeite, wo niemand Kenntnis von meiner Krankheit hat. Aber seit dem Gespräch mit dem Betriebsarzt wird mir immer klarer, dass mich das irgendwie stört.

Der Krebs und die ganzen Erfahrungen sind ein Teil von mir, den ich zwar nicht gerade liebe, der mich aber stark geprägt hat (und das nicht unbedingt im schlechten Sinne). Ich komme mir nicht komplett vor, wenn ich meine Krankheit so verleugne. Sie gehört seit über 10 Jahren zu mir dazu. Und ich mag es einfach nicht, so einen entscheidenden Teil meiner Selbst auszuklammern in meinem Umgang mit anderen.

Blöd, und doch ist es so. Derzeit „tröste“ ich mich damit, dass ich auch andere Teile meiner Selbst nicht unbedingt ausbreite, und da reihe ich jetzt halt den Krebs mit ein. Fertig.

Und doch …

Ich schätze, es wird leichter, wenn ich nach der Einarbeitung wieder zuhause bin und Herrin in meinem eigenen Office. Und solange halte ich locker durch 🙂

Stresstest

Es kam, wie es kommen musste.

Ich hatte die Wahl, die unverbindliche zweite Runde („nur“ ein kleines Assessmentcenter) entweder am Freitag vor dem Staging anzutreten (und damit den nächsten Psychotermin zu kippen) oder am Donnerstag nach dem Staging.

Pest gegen Cholera.

Beides totaler Mist. Vor dem Staging gehe ich auf dem Zahnfleisch und hinterher brauche ich auch immer Tage, um von dem Trip wieder runter zu kommen. Später wollten sie das Gespräch nicht, weil es sonst alles zu knapp würde. Vorher ging auch nicht. Was für ein Elend.
Und immer schön professionell und höflich am Telefon bleiben, obwohl mir einfach nur zum Heulen zu Mute war, weil eigentlich beides nicht geht. Ich habe mich irgendwann drauf zurück gezogen, dass ich klären muss, ob ich einen beruflichen Termin verschieben kann, und versprach am nächsten Tag zurückzurufen.

Warum tue ich mir das überhaupt an? Warum nicht alles so lassen, wie es ist? Ist die Belastung durch das 15-wöchige Staging nicht schon genug? Muss ich mir da noch einen neuen Job aufladen? Samt Kündigung und Aufräumen im alten Job und Einstellen auf den neuen?
Warum?
Weil mein derzeitiger Arbeitgeber wenig Rücksicht auf lange erkrankte Mitarbeiter nimmt (die kommen alle nicht wieder …). Weil ich es entweder jetzt tue oder nie. Je länger ich warte, desto schlechter werden meine Karten. Nicht nur auf dem Arbeitsmarkt (meine Kolleginnen haben auch nur ein Jahr weniger Berufserfahrung, sind aber 10 Jahre jünger …), vor allem mit der Krankheit. Jetzt geht es mir gut. Jetzt hat eine sanfte Therapie die Metastasen im Griff. Wie lange? Keine Ahnung. Mit meinen gut 1,5 Jahren gelte ich als langzeitstabil. Vielleicht hält es noch mal so lange, vielleicht ist es damit schon in zwei Wochen vorbei.

Ich muss dauernd dran denken, was für ein gefährliches Spiel ich hier treibe. Was passiert, wenn ich nicht noch ein Jahr gesund bleibe (bis die Probezeit vorbei ist)? Dann habe ich mich selbst ins Aus manövriert, und das gehörig. Keine Ahnung, ob man mich behalten würde. Mal ganz abgesehen davon, die Leute, mit denen ich wirklich gerne zusammenarbeiten möchte, zu enttäuschen (weil ich sie getäuscht habe).

Ich habe am nächsten Tag angerufen und den Donnerstag nach dem Staging bestätigt. Wenn es schlecht ausfallen sollte, nehme ich mich eh aus dem Rennen, dann habe ich andere Sorgen als ein Bewerbungsgespräch.
Ich habe keine Ahnung, ob ich das alles hinkriege. Kann ich das aushalten? Den Druck vom Staging und vom zweiten Gespräch? Oder versemmele ich das Assessmentcenter eh in so einer Situation? Es kam schon der Gedanke „vielleicht ist es besser, wenn es nicht klappt“, aber der ist gefährlich. Selbst-erfüllende Prophezeiung …

Vielleicht lache ich in fünf Jahren darüber, weil es mir dann immer noch gut geht und ich einen (verzeiht) geilen Job in einer schwierigen Lage ergattert habe. Vielleicht auch nicht.

Nur die Zeit wird zeigen, ob ich es richtig mache. Aber versuchen muss ich es, sonst habe ich schon aufgehört zu leben.

Oberkante Unterlippe

Ich komme derzeit kaum zum Nachdenken, und das ist nicht gut. Normalerweise läuft die Denkmaschine beim Joggen auf Hochtouren, kann ich auch mal Gedanken abschließen, und der Problempegel sinkt etwas. Aber ich habe derzeit die Empfehlung lieber nicht zu joggen, da meine Nasennebenhöhlen noch immer mit dem Urlaubsbakterium kämpfen (seit mittlerweile 6 Wochen). Daraus resultierende Kopfschmerzen (ja, von der Nase, Jenneke, das hat nix mit Krebs zu tun) und Zahnentzündung, latentes Krankheitsgefühl. Immerhin schlafe ich gut …
Devise ist jetzt, es ruhig anzugehen, und da zählt eine Stunde Puls 168 beim Joggen nicht dazu. Ausgerechnet jetzt 😦

Das fehlt, ich bin heute einfach so raus gegangen, musste mal ein wenig Strecke machen, wenn auch gehender Weise. Denn ich will nicht, dass der Stand zu Unterkante Oberlippe wird, und alles überläuft …
Es sind derzeit so viele Baustellen, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. Vorbereitung auf das Bewerbungsgespräch (mit allen dran hängenden Ängsten, Zweifeln und Bedenken), Treffen mit einer lieben Freundin (die gerade wegen Burnout aus der Klinik kam), meinem Mann geht es derzeit auch nicht so wirklich gut, mein eigenes Hadern mit der Psychologie (meiner und der meiner Psychologin), dringend fälliger Gartenarbeit, und dem Gefühl, dauernd keine Zeit zu haben.

Aber ein Gutes hat es: in drei Wochen ist das nächste Staging, und ich habe keine Zeit, darüber nachzudenken …

« Older entries