Psychoonkologie – die dritte

Meine derzeitige Psychologin macht Krisenintervention, keine Dauertherapie. Letzteres erscheint mir aber in meiner Situation angebracht. Also empfahl sie mir eine Therapeutin, von der sie glaubte, dass wir gut zurecht kommen würden. Und Psychologen, die onkologische Patienten nehmen, sind auch nicht so häufig. Es hat eine Weile gedauert, ehe Frau O. und ich zusammen gekommen sind (ich musste zwei Mal verschieben wegen dienstlicher Termine), aber jetzt im Urlaub hat es geklappt.

Persönlich ist sie mir sympathischer als am Telefon, glücklicherweise. Ich habe natürlich viel erzählt, und der Fokus lag auf Juni 2010, wo die Metastasen entdeckt worden sind und auf August 2012, als fälschlich wieder welche diagnostiziert wurden. Ich habe berichtet von meiner Familie, dem neuen Job, dem Urlaub und meinem ständigen Stressgefühl. Wie ich versuche mit der Situation umzugehen, und wie sehr es mich immer nervt, wenn ich schlecht drauf bin (vergeudete Zeit). Irgendwann mittendrin habe ich gesagt: „Mein Leben ist mir zu anstrengend.“
So ist es. Und ich möchte das so nicht.

Erstaunt hat mich, dass sie mich gefragt hat, wie ich meine eigene Erkrankung sehe. Sie hat herausgehört, dass ich glaube, die Metastasen kommen wieder. Ja, das glaube ich, es ist eine Frage der Wahrscheinlichkeit. Das Faslodex (meine Haupttherapie) hat ein progressionsfreies Überleben von durchschnittlich 9 Monaten. Ich bin jetzt bei 2,5 Jahren … Es ist keine Frage des Ob für mich sondern des Wann. Wollte sie testen, wie realistisch ich die Situation einschätze? Keine Ahnung …
Ich sagte Frau O. aber auch, dass ich auf Statistik nicht viel gebe. Jeder Krebs ist anders und meiner ist ohnehin außerhalb jeder Wahrscheinlichkeiten (ich war zu jung, der Quadrant ungewöhnlich, die Metastasen kamen zu spät …). Sie sieht das als guten Ansatz. Werden sehen …

Als ich ihr beschrieb, dass jetzt nach dem Urlaub ganz schnell meine Stress-Symptome wiederkamen, hat sie nur genickt. Ich müsste ja jetzt wieder funktionieren. Hmm … ja, ich bin sehr pflichtbewusst, aber irgendwie erstaunt es mich immer wieder, dass jetzt die zweite Psychologin das so schnell erkannt hat. Bin ich so durchschaubar? Oder ist das einfach ein Wesenszug, der so offensichtlich ist? Möglich.

Eine Frage hat sie mir gestellt, die mich nachdenklicher gemacht hat als alles andere. Ich versuche zu genießen, sagte sie, und habe viel in mein Leben gepackt (Sport, Urlaube, neuer Job). Was habe ich weg gelassen? Nicht viel, und so bleibt das Gefühl zurück, dass ein Teil des Stresses von mir selbst aufgebaut wird. Das gilt es zu ändern …

Einige Aufgaben habe ich bekommen – Ärzteliste, Medikamentenliste und die konkrete Frage, was mir bei den Sitzungen mit der anderen Psychologin geholfen hat. Wie gut, dass ich Tagebuch schreibe, da werde ich bis zum nächsten Termin (in vier Wochen etwa) mal nachgraben müssen.

Insgesamt ein guter Einstieg. Ich kann mir vorstellen, mit Frau O. zu arbeiten und bin gespannt, was am Ende dabei heraus kommt.

8 Kommentare

  1. Masca said,

    6. März 2013 um 20:53

    Liebe Jenneke,
    ich habe lang nicht mehr bei dir kommentiert, aber immer mitgelesen. Heute wollte ich nicht einfach so wieder aus deinem Blog raus. Ich freue mich sehr, dass du mit deiner neuen Psychologin so gut zurecht kommst. Das, was du schreibst, hört sich sehr, sehr gut an. Ich hatte auch das Glück, an eine sehr sensible Psychologin geraten zu sein, die mich auch relativ schnell „erkannt“ hat. Das ist so Gold Wert und mir hat es unglaublich geholfen. Ich wünsche dir, dass es weiterhin so gut klappt und dass du neue Wege findest, dir dein Leben nicht nur angenehm(er) zu gestalten, sondern mit großer Freude!
    Herzlichst deine
    Masca

    • 17. März 2013 um 12:36

      Danke, liebe Masca, ich hoffe, dass sie mein gutes Gefühl mit ihr bestätigt. Dass sie mich in der erste Stunde schon so angepiekt hat zum Nachdenken halte ich für ein gutes Zeichen 🙂
      Liebe Grüße! Jenneke

  2. Karl said,

    8. März 2013 um 14:28

    Ich erlebe zur Zeit Ähnliches, erfahre auch einiges über mich, was mir im Grunde meines Herzens auch schon immer klar war. Im Moment habe ich noch Probleme die Dinge anzugehen, die eigentlich auf der Hand liegen.

    Im Gegensatz zu Dir mache ich eher zu wenig, bzw. lenke mich gern ab.

    Das Problem ist letztlich das gleiche: Die rechte Balance finden und halten.

    Ich wüsnche Dir dafür alles Gute, und wenn die Wellenlänge zur Therapeutin stimm, ist das schon die halbe Miete.

    • 17. März 2013 um 12:37

      Balance ist ein sehr gutes Stichwort, lieber Karl. Die zu finden, ist alles andere als leicht, zumal ja auch ständig alles in Bewegung ist (Wünsche, Ansprüche, …) Ich wünsche uns Glück dabei!
      Liebe Grüße! Jenneke

  3. Wolfgang said,

    8. März 2013 um 16:41

    Die Frage „Was habe ich weggelassen?“ finde ich sehr gut…und regt auch mich zum Nachdenken an. Etwas wegzulassen bedeutet, „Nein“ zu etwas zu sagen….aber gleichzeitig auch „Ja“ zu etwas anderem zu sagen. Es fällt mir auch schwer, Nein zu sagen….auch wenn ich weiss, dass sich dadurch so mancher Balllast lösen würde.

    ich freu mich, daß Du mit Frau O. gut zurechtkommst, und daß sie so gute Denkanstöße gibt!

    Liebe Grüsse,
    Wolfgang

    • 17. März 2013 um 12:38

      Ja, das ist auch mein Problem, ich könnte sofort 48 Stunden pro Tag füllen und hätte wahrscheinlich immer noch Dinge, die ich nicht schaffe. Da abzuspecken, das ist sehr schwierig für mich.
      Liebe Grüße! Jenneke

  4. 13. März 2013 um 21:12

    Und jetzt noch das Kunststück vollbringen, sich nicht zusätzlich damit unter Druck zu setzen, das Genießen zu erlernen und einen Gang runterzuschalten… Mir kommt das natürlich auch bekannt vor. Noch dazu habe ich das Gefühl, für eine Psychotherapie gar keine Kapazitäten zu besitzen. Weder zeitlich, noch emotional. Was wohl ein untrügliches Zeichen dafür ist, dass ebenjene genau das Richtige für mich sein könnte.
    Insofern haben Sie mir etwas voraus. Wünsche viel Erfolg mit der „Neuen“!
    Lieben Gruss, Perdita

    • 17. März 2013 um 12:42

      Liebe Perdita, ich habe die ganze Zeit genickt, als ich Ihre Kommentar gelesen habe. Keine Kapazität für Psychotherapie, das kommt mir sehr bekannt vor. Und ich habe auch für mich beschlossen, dass ich sie gerade deswegen machen muss. Ich hoffe, die Investition bringt was 😉
      Liebe Grüße und noch einen schönen Sonntag! Jenneke


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